Vorbei sind die Zeiten, in denen Personenbeförderungsgesetze die Bahn vor privaten Konkurrenten schützte. Seit dem 01. Januar diesen Jahres dürfen nämlich auch Fernbusse innerhalb Deutschlands im Reisegeschäft mitmischen und mit der Deutschen Bahn konkurrieren. Die Strecke Nürnberg nach Heilbronn gibt es bereits für 5 Euro pro Fahrt, Freiburg nach Frankfurt kostet für eine Fahrt lediglich 15 Euro und für bereits 24 Euro fährt einen der Fernbus von Köln nach Göttingen. Kampfpreise, die Deutsche Bahn und Spritpreise oftmals alt aussehen lassen. Dass es hierbei meist länger dauert, dürfte angesichts der Preise kaum stören, oder? Und wie gut sind die Angebote wirklich? Ein Reisebericht.
Es ist eine Viertelstunde nach 9:00 Uhr an der Haltestelle 5 des Hauptbahnhofs in Freiburg im Breisgau, eine Frau raucht hektisch ihre Zigarette zu Ende, denn schon rollt der Fernbus pünktlich ein. Blitzartig stürmen die bereits wartenden Personen zum Bus, es entsteht etwas Gedränge, die beiden Busfahrer versuchen die Situation zu beruhigen. Im selben Augenblick steigt ein junger Mann von seinem Rennrad, zückt ein Smartphone und kontrolliert die Fahrscheine der anstehenden Leute. Das geht schnell und reibungslos. Die Fahrkarten mussten zuvor im Internet bestellt und ausgedruckt werden. Das machen alle Fernbusunternehmen so, wenngleich bei manchen Unternehmen ein Ticket auch noch direkt vor Abreise beim Fahrer gelöst werden kann – vorausgesetzt es sind noch freie Plätze vorhanden. Wer das nicht möchte, kann auch bei diversen Verkaufsstellen – meist Reisebüros – vor Ort ein Ticket erwerben.
Der Bus ist an diesem Morgen fast bis auf den letzten Platz belegt, wobei besonders viele StudentInnen und Personen mittleren Alters Platz genommen haben. Vor allen Dingen erstgenannte und RentnerInnen sind die primäre Zielgruppe bei Fernbussen. Kurz vor Abfahrt checken die beiden Busfahrer nochmals die Hygiene auf der Bordtoilette und kochen frischen Kaffee nach, schließlich ist der Bus bereits aus Zürich unterwegs. Letzte Haltestelle soll an diesem Tag Hamburg Hauptbahnhof sein. Nun sind es also noch 11 Stunden, die vor mir liegen. Klingt wirklich lange, denke ich mir in diesem Moment, immerhin wären es mit der Bahn knapp 7 Stunden und mit dem Auto noch eine weitere Stunde gewesen. Optimale Bedingungen sind dabei natürlich vorausgesetzt. Während also die letzten Fahrgäste ihre Plätze einnehmen und das Handgepäck oberhalb in der Ablage verstauen, decken sich bereits die ersten mit Kaffee – der übrigens fair gehandelt ist – und Mineralwasser ein. Ein halber Liter Wasser, die gleiche Menge Cola oder ein Becher Kaffee gibt es für 1,50 Euro – also vergleichsweise sehr günstig. Die Bahn verlangt für einen Kaffee oder die gleiche Flaschengröße Mineralwasser 2,80 Euro und Cola kostet 10 Cent zusätzlich. Getränke und kleinere Snacks (z.B. Bifi Roll, vegetarisches Sandwich oder Gummibärchen) können vorne beim Fahrer erworben werden. Preislich kann hier also gegenüber der Bahn gepunktet werden, wenngleich ein veganer Snack weiterhin auf der Speisekarte fehlt. Das wäre schließlich ein echtes Alleinstellungsmerkmal gegenüber der Reise mit dem Zug.
Eine weitere Viertelstunde später geht es dann pünktlich los. Die Klimaanlage im Bus funktioniert problemlos, es ist angenehm trotz hoher Außentemperaturen und auch sonst wirkt die Atmosphäre im Bus angenehm. Die Sitze sind bequem, die Abstände zur vorderen Sitzreihe ähnlich wie im Zug und insgesamt wirkt der Bus sauber und gepflegt. Doch was tut man nun auf einer solchen langen Strecke, immerhin liegen rund 850 Kilometer noch vor mir? Ich entscheide mich fürs Zeitunglesen, was einige andere Mitreisende mir gleich tun. Andere hingegen stecken sich Kopfhörer in die Ohren, fangen an zu schlafen oder träumen vor sich hin, während sie die vorbeiziehende Landschaft beobachten. Kaum jemand unterhält sich wirklich – es ist ruhig im Bus. Noch schnell schiebt der Fahrer einen Datenträger ein, es ertönt eine automatische Ansagestimme und erklärt letzte Details zur Toilette, dem kostenlosen WLAN oder eben der Anschnallpflicht in Deutschland, ehe der Bus das Freiburger Ortsschild hinter sich lässt.
Nun steuert der Bus auf den Europa-Park in Rust zu, ein paar Mitreisende packen ihre Sachen zusammen und schon hört man den Busfahrer einige abschließende Worte sagen: Keine großartige Wartezeit, nur schnell das Gepäck verladen und dann direkt weiter. Außerdem bedankt er sich – natürlich – dafür, dass sich die Fahrgäste für Meinfernbus.de entschieden haben. Also für das Berliner Unternehmen, das wie viele andere Start-Ups seit Jahresbeginn mit der Bahn im Wettkampf um KundInnen steht. Weiter geht es nach Heidelberg, wo der Fernbus pünktlich eintrifft. 10 Minuten Pause, einige Fahrgäste steigen aus, andere steigen neu hinzu. Es kommt zur Verwirrung, weil die hinzu gestiegenen Personen keinen freien Platz finden können. Der Busfahrer klärt die Situation allerdings schnell auf und alle Plätze können ordnungsgemäß belegt werden. Weiter geht es – zurück auf die Autobahn.
Es ist bereits nach Mittag und schon zeichnet sich in der Ferne der erste Stau ab. Ich ärgere mich, suche bereits eine spätere Anschlussfahrt ab Hamburg über das eher schlecht funktionierende Internet heraus und der Bus trödelt über den heißen Asphalt in der bulligen Mittagshitze. Immerhin die Klimaanlage funktioniert tadellos. Ich atme auf, nach 15 Minuten löst sich der Verkehrsstau wieder und nun stelle ich mir die Frage, ob der Busfahrer das wieder aufholen kann. Immerhin könnte ich dann schließlich doch pünktlich am Zug sein.
Es ist weiterhin sehr ruhig, ab und zu sieht man den Zeigefinger über ein Display gleiten, eine Sitzreihe weiter läuft am Laptop irgendein Fußballspiel und ich schlage eine neue Seite meiner Wochenendzeitung auf. Endlich komme ich mal zum Lesen, denn oftmals fehlt mir diese Zeit im Alltag, oder ich nehme sie mir schlichtweg viel zu selten. Im Bus habe ich dafür genug Zeit, beobachte nebenbei die Leute und mache mir ein paar Notizen für diesen Bericht. Auffällig ist, dass kaum jemand angeschnallt ist, obwohl stets auf die gesetzliche Pflicht hingewiesen wird. Kontrolliert wird das jedenfalls nicht. Dann muss ich doch auf die Toilette, obwohl ich das in öffentlichen Verkehrsmitteln nach Möglichkeit immer versuche zu vermeiden. Dennoch werde ich positiv überrascht: Kein unangenehmer Tabak- oder Uringestank, sehr sauber und mit ausreichend Hygienepapier und Seife ausgestattet.
Der nächste Halt lautet Darmstadt, eigentlich kaum erwähnenswert, und dann steigt da eine englischsprachige Frau jüngeren Alters ein. Sie möchte nach Zürich, schildert ihr Anliegen dem Busfahrer und dieser kommt ins Straucheln, da sein Englisch nicht wirklich sicher wirkt. Schade eigentlich, immerhin sollte das Personal auf die Beförderung anderssprachiger Menschen ausreichend vorbereitet sein. Sie muss in Frankfurt umsteigen, das kann er ihr gerade noch so erklären.
Dank des Staus fährt der Bus auch am Frankfurter Hauptbahnhof verspätet ein, fast alle Leute haben hier ihr Ziel erreicht und doch wartet bereits die gleiche Anzahl am Haltestellenschild. Der eine Fahrer hat ab hier Feierabend, sein Kollege muss nun eine Viertelstunde Zwangspause einlegen, so will es der Gesetzgeber. Zeit genug, um die Umgebung etwas näher betrachten zu können. Es stehen einige weitere Reisebusse anderer Konkurrenzunternehmen an der Haltestelle, darunter auch das Münchner Unternehmen FlixBus, welches mit ähnlich niedrigen Fahrpreisen offenkundig wirbt. Außerdem fällt mir auf, dass der Bus von außen nicht beschildert ist, sodass nicht sofort ersichtlich ist, wohin der Fernbus tatsächlich unterwegs ist. Ein solches Schild würde die Orientierung an der Haltestelle sicherlich deutlich vereinfachen.
Weiter geht es nach Göttingen, wo wir ohne weitere Verzögerungen am Bahnhof eintreffen. Die Luft draußen ist schwül und unangenehm. Dennoch habe ich hier 30 Minuten Zeit, um mir die Beine vertreten zu können. Und das habe ich auch nötig, immerhin habe ich im Gegensatz zum Zug eben nicht die Möglichkeit während der Fahrt aufzustehen. Über Hildesheim geht es dann abschließend nach Hamburg, wo der Bus mit etwa 5 Minuten Verspätung eintrifft. Nun muss ich rennen, sitze schließlich trotzdem noch pünktlich im Anschlusszug.
Rund 11 Stunden Fahrt habe ich hinter mir und insgesamt bin ich sehr zufrieden, immerhin habe ich diese vergleichsweise lange Fahrtzeit nicht so empfunden und bin sicher und entspannt am Reiseziel angelangt. Gekostet hat mich die Strecke 25 Euro, weil ich noch einen Gutschein in Höhe von 3 Euro einlösen konnte.
Zu diesem Preis hätte man ein Ticket für die gleiche Strecke bei der Deutschen Bahn in etwa auch bekommen, sofern man rechtzeitig bucht. Bei der Bahn sind diese Spartickets sehr schnell vergriffen und spontane Buchungen kosten oftmals unverhältnismäßig viel.
Im Zug treffe ich auf zwei Reisende, die mit dem Fernbus von München angereist sind. 12 Stunden hat das gedauert, 28 Euro pro Personen hat es gekostet und die Tickets wurden erst eine Woche vor Fahrtantritt bestellt. Sie erzählen mir, dass bei der Bahn so kurzfristig keine vergleichsweise bezahlbaren Tickets mehr zu bekommen waren. Klarer Vorteil für Fernbusunternehmen, wobei sich diese kurzfristige Verfügbarkeit von Fahrkarten eventuell auch auf den noch fehlenden Bekanntheitsgrad der Busunternehmen zurückführen lässt.
Empfehlenswert sind auch Preisvergleichsportale, die einem auf der gewünschten Strecke alle verfügbaren Buslinien anzeigen. Alternativ werden auch Zugverbindungen gelistet. So hat man nochmals eine höhere Chance auf günstigere Tickets, weil bei bestimmten Strecken auch die Busunternehmen untereinander konkurrieren. Häufig ist die Bahn auf direkten Strecken mit dem Fernzug schneller, wobei sich dieser Zeitvorteil aufheben könnte, wenn der Fahrgast mindestens einmal umsteigen muss. Dann könnte eine direkte Fahrt mit dem Fernbus durchaus schnell und zugleich günstiger sein. Ein Vergleich kann sich also durchaus lohnen.
Verschiedene Medien und Verkehrsverbände haben bereits mehrere Fernbusunternehmen geprüft und die Testergebnisse im Internet veröffentlicht. Wer kurz die Suchmaschine bemüht, wird hier schnell fündig. Das Handelsblatt hat beispielsweise einen solchen Test veröffentlicht.
Ich sitze nun im Regionalzug und überlege mir ein passendes Fazit für diese Reise. Verpflegung, Ausstattung und Komfort der Busse sowie die Preisgestaltung sind mir besonders positiv aufgefallen. Außerdem entlädt der Busfahrer das Gepäck für einen. Die lange Reisezeit ist sicherlich ein Negativpunkt, muss aber gewiss nicht für alle Strecken gelten. Insgesamt ist es also erfreulich, dass sich bei der nationalen Personenbeförderung etwas tut und Wettbewerb entsteht. Die Deutsche Bahn hat sich viel zu lange auf ihrem Monopol ausgeruht, jetzt ist sie endlich verstärkt unter Zugzwang. Das belebt das Geschäft und könnte sich in Hinblick auf Fahrpreise und Service im Sinne der Fahrgäste positiv auswirken. Sollte sich eine passende Gelegenheit ergeben, werde ich also durchaus erneut auf die Angebote der Fernbusunternehmen zurückgreifen. Dafür müsste dann aber auch Schleswig-Holstein endlich an das Liniennetz angeschlossen werden. Denn bislang ist Hamburg die nördlichste Haltestelle.
Bildquelle Artikelbild oben: Hoff1980, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
1 Kommentar
Anonym
20. Februar 2014 um 14:18Wow!
Da hast Du ja echt ne tolle Strecke zurückgelegt und der Bericht ist spitze. Ich fahre einen Teil der Strecke auch hin und wieder. Auf http://www.checkmybus.de kann man die Anbieter sogar bzgl. WLAN usw. vergleichen