Der 03. Oktober, also der Tag der Deutschen Einheit, soll uns auch nach 25 Jahren abermals an die offizielle Wiedervereinigung von Ost und West erinnern. Bei aller Freude über dieses Ereignis wird leider zumeist vergessen, dass der Osten Deutschlands nach wie vor schlechter als der Westen abschneidet: niedrigere Löhne, kleinere Renten, längere Arbeitszeiten, weniger Urlaubstage und dementsprechend nur halb so große Vermögen. Ja, genau diese Missstände müssen an einem solchen Feiertag immer wieder zum Thema gemacht werden.
Für die allermeisten Menschen dürfte der Einheitstag vermutlich dennoch eher wie ein ganz gewöhnlicher Tag daherkommen, an dem gar nicht darüber gesprochen wird. Die Mehrheit muss nicht arbeiten und kann den Tag ganz für sich nutzen. So ein Ruhetag kann gut tun und sinnvoll genutzt werden: ein Spaziergang, mit den Kindern zum Spielplatz, Freunde treffen oder einfach mal nichts tun. So ein Tag soll schließlich auch der eigenen Erholung dienen.
Was sich an diesem Samstag allerdings in Kiel abgespielt hat, ist eigentlich kaum zu glauben und doch auf viele andere Städte übertragbar. Die großen Einkaufszentren haben zum sogenannten „Verkaufsoffenen Samstag“ gerufen und die Menschen sind gekommen – zahlreich!
Richtig, die Menschen kamen zum Shoppen, wollten Geld ausgeben, Spaß haben, konsumieren. Dafür hätte man zwar auch das ganze restliche Jahr Zeit, aber so ein Feiertag bietet sich anscheinend geradezu hervorragend hierfür an. Dass auch die Beschäftigten des Einzelhandels einen freien Tag gebrauchen könnten, scheint wohl kaum jemanden zu stören.
Nach eigener Aussage bietet alleine der Citti-Park über 3200 Parkplätze, die an diesem Tag augenscheinlich alle belegt waren, sodass sich auf dem Zubringer sowie in den umliegenden Straßen über Stunden ein langer Stau bildete. Was gibt es Schöneres, als den halben Tag im Stau und mit Parkplatzsuche zu verbringen? Man hätte auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln stressfreier und schneller anreisen können. Noch absurder wird es allerdings, wenn man sich die Nummernschilder der im Stau befindlichen Wagen genauer anschaut: Husum, Pinneberg, Itzehoe oder Heide. Sie kamen scharenweise aus dem ganzen Bundesland und haben dafür gut und gerne bis zu 100 Kilometer auf sich genommen. Und das alles, um an einem freien Tag in einem Shoppingcenter in Geschäften einkaufen zu können, die es überall sonst auch zu finden gibt. Es ist schlichtweg grotesk.
Allerdings sind die Leute eben nicht dort gewesen, weil ihnen plötzlich das Bügeleisen oder der Wasserkocher kaputt gegangen ist und sie schnell Ersatz benötigten – es ging um weitaus mehr. Überflüssig Kleidung shoppen, bei Mc Donalds ein paar Burger reinpfeifen oder „einfach nur mal gucken“ und Zeit vertreiben. Man bekommt dort ein ganz spezielles Lebensgefühl, fühlt sich zwischen all den Menschenmassen, Lichtern, Werbeschildern und Rabattaktionen sichtlich wohl. Junge Pärchen, Eltern mit Kindern, Senioren – an diesem Samstag sind sie alle da gewesen.
Fast noch erstaunlicher scheint die Tatsache, dass unzählige Einkaufswagen, prallgefüllt bis oben hin mit Lebensmitteln, diese Konsumtempel verlassen haben. Warum schafft man es nicht, rechtzeitig vorher einzukaufen? Ein Tag vorher hätte doch gereicht. Völlig vermeidbar also. Zudem hat doch jeder normale Haushalt noch Lebensmittel in petto, um so ein Wochenende notfalls ohne Sondereinkauf zu überstehen.
Den Einzelhandel dürfte es gefreut haben, dass die Menschen selbst an einem solchen Feiertag nichts Besseres mit sich anzufangen wissen als einzukaufen und deren Konsumhunger anscheinend unersättlich ist. Nicht nur den eigenen Kindern vermittelt das ein völlig falsches Bild der Freizeit- und Lebensgestaltung, auch signalisiert man den Beschäftigten der einzelnen Läden damit klar und deutlich, dass einem deren Situation völlig egal ist. Und wer denkt hierbei eigentlich an die Umwelt?
Warum taufen wir diesen Tag nicht gleich auf den Namen „Tag des Deutschen Konsums“? Das wäre vielerorts zumindest ehrlicher.
Bildquelle Artikelbild oben: „Citti-Park“ von Arne List unter der Lizenz CC BY-SA 2.0 via Flickr
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