Alles nahm seinen Anfang im Jahr 1995, als Braumeister Dieter Leipold in seinem Zuhause auf eine geniale Idee kam. In einem Imagevideo verrät er, dass die Idee ihren Ursprung genauer in der Küche fand, das Wohnzimmer als Lager genutzt, im Badezimmer vergoren und im eigenen Labor experimentiert wurde.
Zu dieser Zeit waren die Familien Leipold und Kowalsky Eigentümer der fast insolventen Peter Brauerei in Ostheim/Rhön. Damals hat sicherlich niemand an den Erfolg von Bionade geglaubt, wenngleich dieser Erfolg entscheidend für das Unternehmen war. Den großen Durchbruch schaffte das Getränk im Jahr 2002, als viele umweltbewusste Verbraucher die Brause für sich entdeckten. Zwei Millionen Flaschen konnten zu diesem Zeitpunkt verkauft werden. Fünf Jahre später waren es bereits 200 Millionen Flaschen, was die Öko-Brause schnell zur drittbeliebtesten Limonade im Land machte.
Anstand und Respekt gegenüber der Natur und seinen Mitarbeitern – das war das Motto vom einstigen Geschäftsführer Peter Kowalsky. „Mit Anstand Geld verdienen“ und ein ökologisches Produkt vertreiben, waren dabei seine Ansprüche. Von Anfang an setzte man dieses konsequent um und bezog ausschließlich Bio-Rohstoffe aus der Region, um auch den regionalen Bauern einen Mehrwert geben zu können.
Was einst in Kurkliniken und Fitnessstudios begann, wurde schnell zum Szenegetränk in Hamburger Restaurants und Kneipen. Außerdem zählte Bionade auch in Bioläden schnell zum Standardsortiment. Das Getränk suggerierte stets einen Weg zu einer besseren Welt, etwas auf das die Menschen bis dahin gewartet hatten. Dennoch wusste auch Kowalsky, dass man mit überzeugten Ökos und der eigenen Überzeugung nicht ausreichend verdienen kann, weshalb man das Getränk der breiten Masse zugänglich machen wollte. So konnte das Produkt in Europa, den USA und einigen anderen Ländern große Bekanntheit erlangen.
Es lief lange perfekt, ehe die Bionade GmbH einige taktische Fehler beging und damit einen gewissen Abwärtstrend auslöste. Marktforscher vermuten, dass es durch die Einführung der PET-Flasche 2005 und die drastische Preiserhöhung im Jahr 2008 zu Problemen kam. Ganz offensichtlich hausgemachte Probleme, schließlich hätte man wissen müssen, dass die umweltbewusste Verbrauchersparte keine Plastikflaschen wünscht und es gewiss nicht in Ordnung ist, wenn plötzlich der Preis pro Kasten von 13 auf 18 Euro angehoben wird. Spätestens jetzt bröckelte das Image des kleinen und idealistischen Getränkeherstellers – plötzlich warfen die Konsumenten Bionade Gier vor.
Sicherlich wären diese Vorfälle noch zu verkraften gewesen, wenn nicht schlagartig die nächsten Fehler passierten: Es meldete Coca-Cola Interesse an der Marke an und wollte die 51 Prozent der Bionade GmbH übernehmen (Eigentümer damals: 51 Prozent Egon Schindel und 49 Prozent Stephan und Peter Kowalsky). Das lehnte die Unternehmensleitung ab, ehe am 1. Oktober 2009 die Dr. August Oetker KG, genauer die dazugehörende Radeberger-Gruppe, den 51-prozentigen Anteil von Egon Schindel für etwa 20 Millionen Euro aufkaufte. Der Anteil wurde bis April 2010 auf 70 Prozent ausgeweitet.
Was letztlich die Ursache für die Übernahme durch die Radeberger-Gruppe war, ist nicht eindeutig zu sagen. Gewiss hatte Bionade nach den hausgemachten Problemen Schwierigkeiten sich am Markt behaupten zu können, da die Käufer sich nicht mehr komplett ideologisch mit der Marke decken konnten und die Position am Markt unklar war. Der Oetker-Konzern war anfänglich der vermutete Retter, weil mit dem Einstieg in das Unternehmen frische Marketingmaßnahmen durchgeführt wurden. 400 Mitarbeiter wurden darauf angesetzt, dass sich Bionade wieder langfristig etablieren kann. Ernsthaft funktioniert hat das nicht, wenngleich Peter Kowalsky zu wissen gab, dass das Jahr 2011 etwas erfreulicher verlief.
Durch zahlreiche Spenden im Bereich Jugendförderung und Umweltschutz zeichnete sich Bionade aus. Jede Flasche war stets eine aktive Spende. Das kam gut an und wirkte auch irgendwie glaubwürdig, was andere Konzerne durch ähnliche Aktionen so nie suggerieren konnten. Deshalb sprach sich die Bionade GmbH stets gegen Gentechnik aus und sicherte bereits im Vorfeld Getränkespenden für die im Januar 2011 stattgefundene Demonstration gegen Gentechnik „Wir haben es satt!“ und das „Rock for Nature“-Konzert zu. Überraschenderweise stoppte das Unternehmen die Spende wenige Tage vor der Demo und zog somit sein Engagement gegen Gentechnik endgültig zurück. Zu politisch seien solche Aktionen, gab man damals als Begründung an und spezialisierte sich von dort an bewusst auf die Jugendförderung.
Komisch ist allerdings, dass man sich sonst stets mit Werbeslogans á la „Das offizielle Getränk einer besseren Welt“ oder „Jede Revolution beginnt mit einem leichten Prickeln“ profilierte. Verantwortlich für diesen Strategiewechsel war definitiv der konventionelle Lebensmittelkonzern Dr. Oetker selbst.
Die Konsumenten reagieren bis heute verärgert und haben zum größeren Teil das Vertrauen komplett in diese Marke verloren. Leichtsinniger kann man sich Steine nicht selbst in den Weg legen. Es wird vermutet, dass die Kowalsky-Brüder mit dem Kurswechsel der Radeberger-Gruppe nicht mehr einverstanden waren und das Getränk anders ausrichten wollten. Laut verschiedenen Medienberichten soll es dabei zu klaren Unstimmigkeiten in der Führungsebene gekommen sein. Mit der Gründung einer Genossenschaft wollte man die 70 Prozent aufkaufen und die Radeberger-Gruppe wieder aus dem Unternehmen verdrängen. Dieses Vorhaben war aber offensichtlich nicht zu realisieren und scheiterte.
Zum 01. Februar 2012 haben nun Stephan und Peter Kowalsky ihren letzten Anteil verkauft und das Unternehmen komplett an die Radeberger-Gruppe abgegeben. Letztlich war es die einzig richtige Entscheidung, das sinkende Schiff zu verlassen.
Schließlich bleibt es fraglich, ob sich das Getränk jemals erholen wird und an die erfolgreichen Anfangsjahre wieder anknüpfen kann. An die Jahre, in denen das Getränk noch von überzeugten und anständigen Geschäftsleuten abgefüllt wurde und eben nicht von einem riesigen Lebensmittelkonzern. Bionade zumindest wird weiterhin aus ökologischen Rohstoffen hergestellt – verdienen tut daran jetzt allerdings Dr. Oetker.
Wer weiß, was aus der Bionade GmbH geworden wäre, wenn man den einen oder anderen Fehler nicht begangen hätte…
Bildquelle Artikelbild oben: „Bionade“ von Gregor Fischer unter der Lizenz CC BY-ND 2.0 via Flickr
4 Kommentare
Anonym
8. Februar 2012 um 19:03Danke für den interessanten und informativen Artikel!
Thorge Ott
8. Februar 2012 um 21:29Hallo Kia,
danke für das Lob! Freut mich, dass du so aktiv und regelmäßig mitliest 🙂
Thorge N
9. Februar 2012 um 16:32Sehr interessabter Artikel! Danke!
Lila
28. Februar 2012 um 23:34Oh wow endlich mal nicht so ein 0-8-15 Blog 😀 hab deine Kommentare zu "Kommentaren" im KK Forum gelesen 😀 Gute Einstellung..da teil ich deine Meinung…und auf Dinge, die nicht jeder postet bekommt man immer am wenigstens Resonanz..vor allem bei Frauen 😀