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Mit der Bahn: Fleischessend die Umwelt schützen

Currywurst mit einem Brötchen und Kaltgetränk im Bordbistro der Deutschen Bahn in einem Zug

Vor einiger Zeit wollte die Deutsche Bahn AG seiner Kundschaft ernsthaft vermitteln, dass der Strommix des Konzerns ökologisch und sauber ist. Doch das ist er längst nicht – schon gar nicht, wenn man bedenkt, dass dafür Verträge mit dem Stromriesen RWE, der sein Geld primär mit Kohle- und Atomstrom verdient, abgeschlossen wurden. Die Einführung dieser grünen BahnCard war also reines Greenwashing.
Doch jetzt haben sich die schlauen Köpfe der Marketingabteilung erneut eine vermeintlich grüne Maßnahme ausgedacht. Das Essen im Bordrestaurant soll ökologischer werden – ganz ohne Veränderung der Lebensgewohnheiten. Was genau steckt dahinter?

In der September-Ausgabe des Kundenmagazins „mobil“ bewirbt die Bahn ihr gastronomisches Angebot, was zunächst nichts Schlimmes ist. Unter dem Titel „Natürlich Lichter“ werden drei Gerichte präsentiert, die angeblich exklusiv vom Fernsehkoch Horst Lichter entwickelt wurden. Das ist nicht neu, schließlich versuchen viele Unternehmen auf diese Weise ihre Produkte hochwertiger erscheinen zu lassen. Bekannte Namen und Gesichter sind eben ein sehr beliebtes Marketinginstrument.
Birnen-Bohnen-Speck-Eintopf, Putenbrust in Portweinsoße mit Wirsing-Speck-Gemüse und Hefekloßscheiben sowie Schweinerücken in Champignon-Rahmsoße mit Kartoffelklößchen hat Herr Lichter sich hierbei ausgedacht. Mal abgesehen davon, dass sich die Titel der Gerichte etwas holprig lesen lassen, möchte die Bahn damit „Traditionelles mit modernen Zutaten“ verbinden. So weit, so langweilig.

In der gleichen Anzeige soll der Kundschaft suggeriert werden, dass bei dieser Aktion „Nachhaltigkeit in doppelter Hinsicht im Vordergrund steht“. Grün sollen die Speisen also auch noch sein. Es werden nur Bio-Zutaten verwendet und gleichzeitig spendet die DB zehn Cent vom Verkaufspreis für den ökologischen Waldumbau und die Sanierung der Schutzwälder in Deutschland. „Zusammen mit ihren Kunden leistet die DB damit einen aktiven Beitrag zum Natur- und Klimaschutz“, heißt es dabei abschließend in der Werbeanzeige. Essen mit gutem Gewissen also.
Doch so schön es auch klingen mag, am Ende ist es – wenn überhaupt – nur ein halbherziger Beitrag zum Umweltschutz. Gegen Zutaten in Bioqualität spricht natürlich nichts, wenngleich die Frage angebracht ist, warum alle drei Gerichte unbedingt Fleisch enthalten müssen. Gibt es etwa ein Menschenrecht auf totes Tier?

Es ist längst hinreichend bekannt, dass die Fleischproduktion/Tierhaltung  mit Abstand der größte Klimakiller ist. Das gilt zumindest für die industrielle Massentierhaltung. Bei Fleisch aus ökologischer Haltung mag die Klimabilanz sicherlich besser ausfallen. Besser ist aber nicht automatisch gut. Außerdem müssen sich alle Verbraucherinnen und Verbraucher stets bewusst darüber sein, was dort auf ihren Tellern liegt – getötetes Tier. Auch Biofleisch stammt von geschlachteten Tieren. Aus ethischer Sicht sind die Lichter-Gerichte also höchst problematisch und gerade im 21. Jahrhundert, wo ökologische und ethische Fragen von immer größerer Bedeutung werden, könnte das Verkehrsunternehmen ganz andere, größere Schritte wagen.
Wer „Traditionelles mit modernen Zutaten“ verbinden möchte, sollte Gerichte wie „Tagliatelle mit grünem Spargel & Thai-Basilikum-Pesto“, „Gemüse-Tofu-Pfanne mit Hirse“ oder „gebratene Tortiglioni mit Knoblauch und getrockneten Tomaten“ in die Speisekarte aufnehmen, die eben dieses Motto perfekt umsetzen und gleichzeitig VegetarierInnen und VeganerInnen die nötige Teilhabe erleichtern würden.

Die aktuelle Bestandsaufnahme zeigt deutlich, dass es längst nicht ausreichend vegetarische oder gar vegane Gerichte außerhalb zu kaufen gibt, obwohl dieses aus ökologischer und ethischer Sicht vernünftig wäre.
Müssen wir jeden Tag Fleisch konsumieren? Müssen wir jeden Tag tierische Produkte in unseren Speiseplan einbauen? Und kommen wir nicht auch eine Zugfahrt ohne alle diese Dinge aus? Das wäre zumindest wünschenswert. Die wahren KlimaschützerInnen leben eben vegetarisch oder vegan – das muss auch die Deutsche Bahn AG endlich begreifen. Bis Februar 2014 entwirft Horst Lichter pro Quartal drei neue Gerichte. Zeit genug, um endlich etwas Vegetarisches oder Veganes zu kreieren – das wäre ein echter aktiver Beitrag zum Natur- und Tierschutz. Alles andere ist reines Betroffenheits- und Wohlstandsgerede. Greenwashing kann die Bahn eben doch noch am besten.

Bildquelle Artikelbild oben: „Currywurst im Bordbistro“ von any.user unter der Lizenz CC-BY-NC-ND 2.0 via Flickr

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2 Kommentare

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    faelis
    7. Oktober 2013 um 20:38

    Dachte ich mir schon…also mit dem Greenwashing…war ja klar.

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    Nirasavetheworld
    8. Oktober 2013 um 9:33

    Ein sehr gut geschriebener Post!
    Das ist so typisch für die bahn. Mit der Wahrheit kann man schlecht Kunden locken und an ein Unternehmen binden, also verdreht man die Wahrheit, weil es schöner klingt.
    Ich frage mich wirklich ob es überhaupt noch Unternehmen in Deutschland gibt, die durch und durch ehrlich sind und hinter das stehen, was sie sagen.

    liebe Grüße
    ~ Nira

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