Leben & Alltag

Schulbuch oder Apfel – Siegt die Versuchung?

Steve Jobs stellt ein iPad auf einer Bühne öffentlich vor

Steve Jobs war sich schon vor langer Zeit sicher, dass das aktuelle Bildungssystem hoffnungslos veraltet sei. Er kritisierte den angeblich absurden Zustand, dass Lehrer lediglich an der Tafel stünden und mit Textbüchern arbeiten würden. Für Jobs war es bereits damals schon klar: Die Bildung muss digitalisiert werden und gedruckte Schulbücher gehören der Geschichte an.
Natürlich nur, damit Schüler effektiver arbeiten können. Wer glaubt das schon?

Konkret will Apple, dass die Schüler nicht mehr die ach so schweren Bücher in ihren Taschen tragen, sondern lediglich ein iPad nutzen. Die Bücher müssen dann über den iBookstore erworben werden und sollen in der Regel weniger als 15 Dollar kosten. Dafür hat sich der Konzern mit drei namhaften amerikanischen Lernmaterialspezialisten zusammengetan, die laut Apple zusammen 90 Prozent aller Schulbuchverkäufe in den USA tätigen.
Bereits jetzt erfährt das Projekt viel Zuspruch, besonders von Schülern. Diese sind aber ohnehin schon sehr offen für Apple-Produkte bzw. besitzen selbst mindestens ein Gerät. Schließlich hat das Unternehmen ein Ziel erreicht, dass die Konkurrenz so niemals schaffen wird: Herkömmliche elektronische Geräte, in neuartigem Design für einen viel zu hohen Preis verkaufen.
Wer heute mit einem iPhone, einem iPad oder iPod hantiert, nimmt automatisch eine höhere Stellung in der Gesellschaft an, wirkt modern und kreativ und führt ein scheinbar perfektes Leben.
Da kommt das Konzept Schule doch gerade richtig, schließlich bietet sich damit ein sehr lukrativer Markt. Es geht hierbei eindeutig nicht darum, dass Apple Bildungsmaßnahmen fördern will, sondern ausschließlich um Profitmaximierung. Und diese Maximierung wird es ganz sicher auch geben, weil Schüler zum Kauf von Lernmaterialien quasi gezwungen sind. Heute müssen sie gedruckte Bücher kaufen, irgendwann ein iPad + virtuelle Bücher. Dann geht es auch nicht mehr darum, ob ein Schüler der Marke kritisch gegenüber steht. Man gerät in die Abhängigkeit der Wirtschaft und somit auch von Apple.
Heute können sich Schüler und Studenten teilweise ihre Lehrbücher selbst auswählen und diese bei einem Händler ihrer Wahl kaufen. Selbstverständlich auch gebraucht, um Geld zu sparen und die Umwelt zu schonen.

Doch das wird es dann nicht mehr geben. Die Materialien müssen über den iBookstore zu einem festen Preis beschafft werden. Das kostet kleinen sowie großen Buchhändlern langfristig die Existenz, vernichtet Arbeitsplätze und schadet der regionalen Wirtschaft. Dann wird nur noch Apple verdienen.
Auch für unsere Umwelt wäre dieser Umstieg mehr als negativ zu betrachten, immerhin müssten so etliche neue Elektronikgeräte hergestellt werden. Die Überlebensdauer wäre sicherlich irgendwo bei zwei bis vier Jahren, weil dann technische Erneuerungen kommen und ein iPad schließlich nicht für ein langes Leben gebaut wird. Würden wir Menschen konsequent auf gebrauchte Bücher setzen, könnte die regionale Wirtschaft gestärkt und die Umwelt entlastet werden. Warum muss Apple immer auf Kosten der Umwelt und anderer Händler abkassieren? Und warum ausgerechnet mit solch fragwürdigen Geschäftsmodellen? Immerhin verdient Apple dann am Verkauf der Bücher und gleichzeitig würden auch die iPads viel Geld in die Konzernkasse spülen. Sonst ist die Mehrheit der Gesellschaft doch auch für extremen Wettbewerb in der Wirtschaft.

Und was passiert, wenn Schüler und Schulen umgerüstet haben und Apple plötzlich keine neuen Schulbücher mehr vertreibt? Oder der Support für iPads eingestellt wird? Dann wurde viel Geld quasi sinnlos verschleudert. Abhängigkeit tut nie gut: Das weiß zum Beispiel jede Person, die bei einer anderen Person Schulden abzuzahlen hat. Der Kreditgeber hat seinen Schuldner immer fest in der Hand.

Das Bildungswesen darf nicht weiter monopolisiert werden, schließlich hat Microsoft dieses mit seinen Officeprodukten in Deutschland schon sehr stark erreicht. Wir müssen weiterhin auf gedruckte Bücher setzen, die gebraucht stets weitergegeben werden. Nichts ist schlimmer, als Kinder in der 1. Klasse, die bereits auf dem Touchscreen eines iPads rumtippen.
Etliche Generationen haben herkömmliche Schulbücher benutzt. Warum soll sich das jetzt ändern? Ob Menschen durch Apple-Produkte und die damit verbundene Digitalisierung des Bildungswesens besser lernen können, bleibt fraglich und abzuwarten.
Werden wir erneut in den sauren Apfel beißen und der Versuchung unterliegen? Ich hoffe nicht…

Bildquelle: By matt buchanan (originally posted to Flickr as Apple iPad Event) [CC-BY-2.0], via Wikimedia Commons

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2 Kommentare

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    rememberandsmile
    24. Januar 2012 um 17:14

    meine schulzeit ist jetzt eine weile her, aber bei meinen geschwistern wurde die schulbuchausleihe eingeführt.
    man bezahlt im schuljahr 40euro (wenn ich mich richtig erinnere) als leihgebühr für alle schulbücher und einen teil der lektüren (die meisten werden ja markiert und rumgekritzelt, daher muss man sich diese elbst kaufen).
    finde dieses system echt gut wenn ich bedenke, dass ein buch manchmal schon 40 euro gekostet hat!
    die ipad geschichte wird hoffentlich nie wahr werden!
    schließe mich deinen argumenten an und ich liebe es einfach ein buch in der hand zu halten und zu blättern:)

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    Anonym
    9. April 2012 um 19:40

    Ganz wunderbarer Artikel, vielen Dank!

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