Im vergangenen Jahr sorgten AtomkraftgegnerInnen beim E.ON Hanse Cup für Aufsehen, als sie – mit Anti-Atom-Sonne gekleidet – am Drachenboot Fun-Cup teilnahmen. Der kreative Protest auf dem Wasser wurde durch Flugblattverteilung auf dem Veranstaltungsgelände thematisch passend ergänzt. Das Anliegen der AktivistInnen: Die sofortige Abschaltung aller Atomanlagen und Beendigung aller Sponsorentätigkeiten seitens E.ON bei diesem Ruderwettbewerb. Schließlich wird dieser alljährlich in Rendsburg stattfindende Cup zum größten Teil durch den Titelsponsor E.ON Hanse getragen. Dabei handelt es sich um den – laut Veranstalter – härtesten Rudermarathon der Welt und zugleich ein Familienfest für die Region.
Jahr für Jahr zieht dieses Ereignis zahlreiche BesucherInnen an. Neben der Ruderregatta der internationalen Achter fand eben auch der besagte Drachenboot-Fun-Cup statt, an dem Vereine, Unternehmen und andere Gruppen teilnehmen können.
Erneut wollten die Anti-Atom AktivistInnen mit einem Boot vertreten sein, um auch in diesem Jahr ihre Forderung dem Publikum zu verdeutlichen. Wenige Tage vor Veranstaltungsbeginn erteilte die Veranstaltungsleitung dem atomkraftkritischen Ruderboot eine klare Absage, schließlich würde es sich beim E.ON Hanse Cup um eine Sportveranstaltung handeln, die mit politischen Inhalten nichts zu tun hätte. Der Energieriese E.ON setzt damit ein eindeutiges Zeichen und symbolisiert der Anti-AKW-Bewegung, dass ihre Forderung nach einer echten Energiewende vom Konzern nicht mitgetragen wird. Man hatte also aus dem Protest des letzten Jahres entsprechende Konsequenzen gezogen und mochte nicht erneut das Risiko eingehen, dass die Besucherinnen und Besucher auf die Machenschaften des Energiekonzerns aufmerksam gemacht werden. Ohnehin ist es eine sehr fragwürdige Aussage, schließlich sind Sport und Politik selbstverständlich in gewisser Weise miteinander verstrickt.
Dies alleine war Grund genug, dass die Aktivistinnen und Aktivisten auch in diesem Jahr erneut vertreten waren. Ihren Infostand hatten sie unweit von der eigentlichen Veranstaltung zwischen den Parkplätzen mehrerer Lebensmitteldiscounter aufgebaut. Auf den Transparenten forderten sie beispielsweise den Stopp weltweiter Atomtransporte und die sofortige Abschaltung des Atomkraftwerks Brokdorf in Schleswig-Holstein, an dem E.ON mehrheitlich beteiligt ist. Neben der BI Kiel gegen Atomanlagen unterstützen auch einzelne AktivistInnen von Robin Wood den Protest. Die vorbeifahrenden Autos konnten so wieder einmal auf die Gefahren der Atomkraft und die unlauteren Handlungen von E.ON aufmerksam gemacht werden.
Konkret geht es dabei darum, dass E.ON alleine in Deutschland und Schweden an derzeit 17 Atomkraftwerken beteiligt ist, die täglich Atommüll produzieren, für den es weltweit kein geeignetes Endlager gibt. Dennoch will der Stromkonzern in Finnland und Großbritannien Milliardenbeträge in neue AKW investieren. Im finnländischen Pyhäjoki ist E.ON treibende Kraft beim geplanten AKW-Neubau und zugleich größter Investor. In Oldbury und Wylfa (Großbritannien) macht der Konzern mit RWE gemeinsame Geschäfte. Nicht nur durch die Investition in neue Anlagen will E.ON die Energiewende bewusst verschleppen, schließlich ist der Stromversorger bemüht, den deutschen Atomausstieg 2022 rückgängig zu machen. Gegen die Besteuerung des Atombrennstoffs Uran ist E.ON vor Gericht gezogen und hat nach der Katastrophe in Fukushima und der damit verbundenen Abschaltung von drei Atomkraftwerken für eine Entschädigung beim Bundesverfassungsgericht geklagt.
Und als wäre das noch nicht genug: Gleichzeitig ist der Energieriese Gesellschafter der Firma Urenco, die die Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau betreibt. Beinahe wöchentlich rollen Urantransporte per LKW und Zug von und nach Gronau. Darüber hinaus verzeichnet der Konzern als Teilhaber der „Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS)“ für das Betreiben und Erkunden der Atommüll-Lagerstätten Gorleben, Morsleben, Ahaus und Schacht Konrad Gewinne.
Außerdem hat der Versorger in vielen Regionen Deutschlands quasi eine Monopolstellung bei der Stromversorgung und vertreibt gleichzeitig über den Discounter „E wie einfach“ seinen schmutzigen Strom. Schließlich setzte sich der Strommix 2010 aus 48 Prozent Atomstrom, 36 Prozent Kohle und 7 Prozent Erdöl/Gas zusammen. Zukunftsorientiert ist das jedenfalls nicht! Als größter privater Energiekonzern der Welt könnte E.ON seine Marktstellung nutzen und eine funktionierende Energiewende entschieden vorantreiben. Stattdessen wird lieber Geld mit Atomstrom verdient, der nicht nur die Umwelt belastet und nachfolgende Generationen vor die unlösbare Aufgabe der Endlagerung stellt, sondern auch eine tägliche tickende Zeitbombe darstellt. Fukushima kann schließlich überall passieren! [1]
Alle diese Kritikpunkte sind in einem entsprechenden Flugblatt zusammengefasst, welches ein Teil der AktivistInnen bei der an das Veranstaltungsgelände grenzenden Schwebefähre verteilte. Auf diese Weise sollten ganz direkt die BesucherInnen darauf aufmerksam gemacht werden, was eigentlich wirklich hinter dem Hauptsponsor steckt. Auf der anderen Seite des Kanals rollten bei regnerischem Wetter zeitgleich AktivistInnen ein Transparent mit Aufschrift „Atomkraft – Schluss!“ aus, welches vom Festgelände aus sehr gut zu lesen war. Ebenfalls verteilten Mitglieder der Fukushima Mahnwache Schönberg Flyer an die ZuschauerInnen, in welchen sie E.ON und die Ablehnung ihrer Teilnahme am Drachenbootrennen scharf kritisierten.
Die Reaktionen der Leute waren sehr unterschiedlich, wobei dem Großteil sichtlich egal war, wer diese Veranstaltung finanziell ermöglicht, schließlich würde es ja um die Sache als solches gehen und die sei nur durch so großzügige Mittel möglich. E.ON selbst ließ den Protest gewähren und stellte sich im sogenannten „Innovationszelt“ lieber als verantwortungsbewussten und ökologischen Energieversorger dar – reines Greenwashing! Neben den Wettkämpfen hatte der Cup ansonsten nur ein paar Imbiss- und Verkaufsstände zu bieten, was insgesamt ein doch eher tristes Gesamtbild abgab.
Auf Nachfrage, ob der NDR auch Bilder des Protests gegen E.ON auf seiner Internetseite veröffentlichen würde, gab der Fotograf zu verstehen, dass man nur „fröhliche Menschen“ aufnehmen möchte.
Einen Tag später – also am Sonntag, dem letzten Veranstaltungstag – war ein Teil der AktivistInnen erneut mit einem Infostand vertreten, um so abermals mit Flugblättern auf die unliebsame Verflechtung zwischen E.ON und dem Ruderwettkampf aufmerksam zu machen.
„Wir sehen uns beim 14. E.ON Hanse Cup vom 12.–14. September 2014.“ heißt es auf der Internetseite des E.ON Hanse Cups. Die ProtestlerInnen wird man dort ganz bestimmt wieder sehen – solange bis diese Veranstaltung ohne das schmutzig verdiente Geld von E.ON auskommt!
Bildquellen (abgesehen von den Bildern 8+9): Pay Numrich
Quellen:
[1] Flyer: „Atomausstieg selber machen! E.ON kündigen – Jetzt zu Ökostrom wechseln!“ (15.09.13 17:09)
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